Wie gestalten Menschen in Vitznau ihr Leben? Wie wohnen sie, welcher Arbeit gehen sie nach, wie verbringen sie ihre Freizeit? Die Lebensweise in Vitznau ist beeinflusst von der Lage am Rigi und am Vierwaldstättersee, vom milden Klima sowie von der vielseitigen Pflanzen- (u.a. Feigen, Edelkastanien, Palmen) und Tierwelt zu Land und im Wasser. Obwohl es im Verlauf der Geschichte Bergstürze, Erdrutsche und Überschwemmungen gegeben hat, überwiegen die positiven Faktoren, die eine hohe Wohnqualität versprechen. So hat sich mit der Zeit zwischen Bauernhäusern und Villen eine Vielfalt an Wohnformen ergeben: Miet- und Eigentumswohnungen in Ein- und Mehrfamilienhäuser sowie Ferienwohnungen und -häuser als Zweitwohnsitze.

Wer wohnt darin? Die typische Vitznauerin, den typischen Vitznauer gibt es nicht. Früher waren es vor allem Geistliche, Lehrer, Politiker und Originale, die das Dorf prägten. Mit der Zeit veränderte sich dies und es handelte sich auch um Personen, die in verschiedenen Bereichen herausragten, z.B. im Tourismus die Hoteliersdynastie Bon und der langjährige Direktor der Rigibahn und Regierungsrat Josef Fellmann oder im Bereich der Kunst die Musiker Hans Huber und Alfred Leonz Gassmann, der Militärmusikinstruktor und Blasmusikdirigent Fridolin Bünter, der Landschaftsmaler Jacques Matthias Schenker, die Malerinnen Lisel Burri und Anne-Christine Kalbermatten-Walch sowie der Mundartdichter Josef Zimmermann (Langwylen-Sepp). Einige Personen waren in mehreren Bereichen von Bedeutung, z.B. Kapitän und Politiker Joseph Zimmermann (Reime-Sebi) oder Grosshändler Adolph Brougier, der den nach ihm benannten Park, den Pfarrhof und die erste Ortsplanung (mit-)finanzierte. In der Geschichte der Gemeinde gibt es eine Mehrzahl an Menschen, über die öffentlich weniger bekannt ist als von den bisher erwähnten. Sie wohnen hier alleine oder mit ihrer Familie, arbeiten teilweise in Vitznau und verbringen hier auch ihre Freizeit – etwa als Mitglied in einem Verein. Zuweilen leisten sie zusätzlich Freiwilligenarbeit und tragen damit wesentlich zum Funktionieren der Gemeinde bei.

 

Arbeit

Bis ins 19. Jahrhundert boten die Landwirtschaft (Viehzucht, Milch und Alpwirtschaft, Obstanbau), der Fischfang und die Jagd die Haupteinnahmequellen für die Bevölkerung von Vitznau. Im Husenboden wuchs Hopfen, der von 1824 bis 1884 in der dorfeigenen Bierbrauerei verarbeitet wurde, und das milde Klima ermöglicht auch den Weinbau.

Da das Einkommen lange Zeit nicht ausreichte, gingen viele Personen einem Nebenerwerb nach: Männer begaben sich in fremde Dienste, ganze Familien leisteten Heimarbeit. In Vitznau war das Fäulen und Kämmen von Seide sowie das Weben verbreitet. Von 1848 bis 1873 gab es eine „Sidefüüli“ im Grabacher, in der Rohseidenabfall verarbeitet wurde. Der Verdienst war allerdings gering und die Heimarbeit verlor durch die zunehmende Mechanisierung und den aufkommenden Tourismus an Bedeutung.

Mit der Zeit entstanden auch Handwerks- und Gewerbebetriebe wie Bäckereien, Molkereien, Metzgereien, eine Kaffeerösterei, Lebensmittel- und Haushaltswarengeschäfte, Mercerie- und Papeteriegeschäfte, Sattlereien, Schuhmachereien, Schreinereien, Zimmereien, Sägereien, Mühlen, Baufirmen, Garagen, Malergeschäfte, Druckereien usw. Zuweilen existierten aus politischen Gründen jeweils zwei Betriebe, die demselben Handwerk oder Gewerbe nachgingen und entweder Kundschaft aus konservativen (CVP) oder liberalen (FDP) Kreisen hatten. 1934 bildete sich in Vitznau der Gewerbeverein.

Nach und nach breitete sich der Dienstleistungssektor aus, insbesondere im Bereich des Tourismus und der angrenzenden Betriebe. Dies macht heute mit nahezu 50 % den grössten Anteil der Arbeitsplätze in Vitznau aus. Die andere Hälfte verteilt sich v.a. auf die Bereiche Verwaltung / Bildung / Gesundheit, übrige Dienstleistungen, Landwirtschaft und Baugewerbe.

Einige Menschen, die in Vitznau arbeiten, wohnen anderswo. Ebenso arbeitet ein beträchtlicher Anteil der Vitznauer Bevölkerung auswärts und pendelt dazu insbesondere in die Kantone Luzern, Schwyz und Zug.

 

Freizeit

Vitznaus Lage an See und Berg bietet verschiedene Freizeitmöglichkeiten: Baden, Wassersport, Bootsfahrten, Spaziergänge, Wandern, Wintersport usw. Hinzu kommen kulturelle Angebote wie Bibliothek, Museum Vitznau-Rigi, Erlebnisfestung Mühlefluh, Anlässe der Kulturkommission sowie verschiedene Veranstaltungen während des Jahres, über die auch die Wochen-Zeitung, das Mitteilungsblatt der Region, informiert.

Der Brauch- und Festkalender beginnt früh im Jahr mit den Fasnachtsbällen, ihnen folgt die Dorffasnacht am Güdismontag. Daran schliessen sich kirchliche Feiertage wie Palmsonntag, Karfreitag, Ostern und Weisser Sonntag (Erstkommunion) an. Der Frühling bringt das Frühjahrskonzert, den Muttertag, Auffahrt und Pfingsten mit einem Pfingstmarkt und der Eröffnung der Ausstellungssaison im Regionalmuseum. Der Sommer beginnt mit dem Alpaufzug, dem sich u.a. die Affitüre – die jährliche Versammlung der Sennengemeinde mit anschliessenden Spielen auf der Glättialp –, die Mega Beach Party, das Wylenfest der Trachtengruppe, das Boccia-Turnier bei der Überbauung Chrüz-Park, das Oldtimertreffen, die 1. August-Feier, das Dorfturnier und der Jugendsportnachmittag anschliessen. Mit der Alpabfahrt fängt der Herbst an, in dem auch der Bettag, der Tag des Kirchenpatrons Hiernoymus, die Chilbi, Allerheiligen und das Titularfest der Sennen stattfinden. Im Winter werden der Adventskalender im Dorf, das Chlausjagen, der Samichlausbesuch, der Chlaustanz, das Adventskonzert, die Waldweihnacht des Turnvereins, das Sternsingen, die Generalversammlungen vieler Vereine und die Agathafeier der Feuerwehr durchgeführt.

Die Träger dieser Bräuche und Feste sind politische und kirchliche Institutionen, Einzelpersonen und vor allem Vereine oder vereinsähnliche Gruppen. Die Vereine bieten damit das wichtigste organisierte Freizeitangebot. Sie haben zwar in jüngerer Zeit Konkurrenz durch andere Anbieter erfahren, sind aber dank Betätigung und Geselligkeit immer noch beliebt und in breiter Vielfalt vertreten.

 

Sagen

Wie in anderen Berggebieten existieren auch in Vitznau Sagen von Erdmanndli. Dabei handelt es sich um überlieferte Erzählungen, die über kleine Bergleute berichten. Diese besassen manche Fertigkeiten, waren der Bevölkerung wohl gesinnt und halfen ihnen in der Not. Aber sie ertrugen keinen Spott, sonst rächten sie sich an den Menschen.

Eine der Sagen erzählt von den Erdmanndli in der Gruebisbalm: Im Husenboden stand eine kleine Hütte, in der der Fischer Roni mit seiner Frau und zwei Kindern lebte. Weil er zuviel trank, war die Familie arm und hatte oft zu wenig zu essen. Als die Not wieder einmal gross war, weinten die zwei hungrigen Mädchen am Wilenbach. Plötzlich hörten sie ein lautes Plätschern und der ganze Bach war gefüllt mit Birnen, Äpfeln und Nüssen. Die Kinder füllten ihre Schürzen und brachten alles nach Hause. Kurze Zeit später ertrank der Vater beim Fischen. Auch da halfen sie Erdmanndli: Ein kleines Männchen namens Melek übernahm das Fischen. Das weckte den Neid der Nachbarn, weshalb Melek nicht mehr erschien. Zuvor hatte er jedoch die Mädchen zu einem Besuch in der Höhle Gruebisbalm eingeladen. Bei ihrem Besuch stellte er den Kindern seine grosse Familie vor, erzählte von den Arbeiten, die sie verrichteten, und schenkte ihnen zum Abschied einen Korb mit einem schweren Stein. Jedes Mal, wenn ihre Mutter in Not sei, soll sie ein Stück vom Stein abschlagen und dieses einem Goldschmied in Luzern bringen. Da sich das Stück unterwegs in Gold verwandelte, geriet die Familie nie mehr in Not.

Eine andere Sage erzählt wie die Erdmanndli einer schwangeren Frau halfen. Sie holten eine Hebamme im Tal und bezahlten diese, da die junge Mutter arm war. Als Bezahlung erhielt die Hebamme eine Schürze voll glänzender Kohle mit dem Hinweis, diese zuhause ins Feuer zu legen. Die Hebamme dachte nicht daran, dem Rat zu folgen, stattdessen zerstreute sie auf dem Heimweg die zusätzliche Last. Nur ein Stück Kohle blieb im Sack der Schürze liegen. Als die Hebamme es zuhause ins Feuer legte, hatte sich am anderen Morgen daraus ein glänzender Goldklumpen gebildet.

In den Geschichten zu den Erdmanndli wird auch berichtet, dass diese dem Neid der Bevölkerung auf zwei Weisen begegneten: Entweder warfen sie Steine auf die undankbare Bevölkerung oder liessen das Wasser ansteigen. Damit erklärte man sich vor geraumer Zeit, wie es in dieser Gegend zu Steinschlägen oder Überschwemmungen kam. Während die kleinen Bergleute als Verursacher der Naturkatastrophen galten, wurden diese jeweils durch einen Drachen angekündigt. Das Zuhause der Drachen waren ebenfalls die Höhlen der Rigi, von wo die Drachen bei Sonnenuntergang den Himmel bis zum Pilatus rot einfärbten. Dem Vertreiben eines solchen Drachens folgte, laut dem ehemaligen Luzerner Stadtschreiber Renwart Cysat, die Zerstörung des ganzen Dorfes.

 

Vitznauer Dialekt

Es gibt zwar keinen eigentlichen Vitznauer Dialekt, aber hier wird wie in den Nachbarsgemeinden die Rigi-Mundart gesprochen. Diese wird aufgrund der geografischen Lage der Gemeinden stark von den Dialekten im benachbarten Kanton Schwyz beeinflusst. Deshalb unterscheidet sich die Rigi-Mundart deutlich vom Dialekt, der in Luzern gesprochen wird.

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