Der Tourismus hat die Entwicklung des Dorfes entscheidend beeinflusst. Noch bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts war Vitznau ein kleines Dorf, dessen Bevölkerung hauptsächlich von der Landwirtschaft und dem Fischfang sowie im Nebenerwerb von der Heimarbeit lebte. Es gab nur wenig Gewerbebetriebe und nur zwei Hotels: die Pension „Zum weissen Kreuz“ und die „Pension Pfyffer“ (heute: PFG Real Estate AG). Sie waren Zwischenstationen für Rigireisende und Pilger nach den kalten Quellen auf Rigi-Kaltbad (seit 1556) und der Kapelle „Maria zum Schnee“ auf Rigi-Klösterli (seit 1689). Den Pilgern folgten jene Touristen, die auf der Rigi die Schönheit der Natur suchten. Sie bestaunten die Sonnenaufgänge und die Aussicht vom Kulm oder vom Känzeli. So wurde die Rigi Bestandteil von Europareisen und gekrönte Häupter sowie andere Berühmtheiten kamen auf den Berg. Die Reisenden bestiegen die Rigi zu Pferd oder liessen sich in Tragsesseln hinauftragen. Seit 1816 das erste Kulmhaus entstand, verdienten sich auch einige Vitznauer etwas Geld durch die beschwerliche Rigiträgerei. Diese Verdienstquelle floss allerdings spärlich, da das Dorf zu abseits von den Verkehrswegen lag. Um Preisunterbietungen zu verhindern wurden die Tarife vom Kanton festgelegt. Von den kürzeren Reisezeiten aufgrund der Dampfschiffe profitierte Vitznau zunächst wenig: Am 29. Juli 1837 nahm zwar die „Stadt Luzern“ als erstes Dampfschiff auf dem Vierwaldstättersee wöchentlich zwei Fahrten auf, doch man musste in Weggis einsteigen. Später kam das Schiff nach Vitznau, aber es legte nicht an: Das „Stationsschiffchen“, ein Ruderboot, brachte die Passagiere von der Pension Pfyffer hinaus zum Schiff. Erst 1865 bekam Vitznau bei der Pension eine Dampfschiffbrücke, die später zur Station der Rigibahn verlegt wurde. 1871/2 entstanden die ersten, luxuriöseren Salondampfer („Germania“ bis 1952 und „Italia“ bis 1967) auf dem Areal des heutigen Hotels Vitznauerhof. Mit dem aufkommenden Tourismus, vor allem durch den Bau der Rigibahn, wurde auch Vitznau mit seiner Aussicht auf See und Berge zum Reiseziel. Ab 1860 entstanden die ersten Gaststätten. Vitznau begann, sich vom Fischerdorf zum Kurort zu entwickeln. Damit war eine Verbesserung der Infrastruktur verbunden, wofür sich auch der Kurverein einsetzte: Der Kanton baute 1866 den steinigen Fuss- und Karrenweg nach Weggis, 1886 nach Gersau zu einer Fahrstrasse aus. Es folgten eine Telegrafenstation (1870), die Wasserversorgung (1889), das Telefon (1891) sowie elektrisches Licht auf Strassen und Plätzen (1895). Eine Postablage hatte Vitznau bereits seit 1840, das Postgebäude entstand zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Damals wurden auch die Seilbahnen nach Wissifluh sowie nach Hinterbergen gebaut. Die Blütezeit des Tourismus, die Belle Epoque, erfuhr einen Einbruch durch den Ersten Weltkrieg. Auch die Weltwirtschaftskrise und der Zweite Weltkrieg setzten dem Tourismus zu, der sich danach relativ schnell erholte. Später wurde das Angebot weiter ausgebaut: 1982 entstand der Rigi-Lehnenweg, ein Bootshafen wurde erstellt, 1998 eröffnete die Erlebnis-Festung Mühlefluh, 1999 das Museum Vitznau-Rigi. Bis heute stellt der Tourismus einen wichtigen Wirtschaftsfaktor dar (ca. 40 % der regionalen Wertschöpfung, ca. 50 % aller Arbeitsplätze). Mit der Zeit hat sich allerdings die Gästestruktur verändert: Heute sind die meisten Gäste Individualreisende, die einen Tag hier verbringen. Verändert haben sich auch die Tourismusorganisationen: 2003 schlossen sich die Tourismusvereinigungen von Vitznau, Weggis und Rigi unter dem Label „The Best of Lake Lucerne“ zusammen, 2010 erfolgte die Fusion mit Luzern Tourismus. Im selben Jahr wurde der Kurpark umgestaltet und der Pavillon neu gebaut. Viele Gäste und Einheimische verweilen gerne an dieser idyllischen Promenade.

 

Rigibahn

Der Bau der Rigibahn entwickelte nicht nur Vitznau vom Fischerdorf zum Kurort, sondern brachte einen Aufschwung des Fremdenverkehrs in der Schweiz, besonders in Luzern und auf dem Vierwaldstättersee, sowie die Erschliessung der Berge durch Bahnen. Einen grossen Verdienst am raschen Aufschwung des Tourismus hatte Niklaus Riggenbach (1817–1899), seit 1853 Chef der Maschinenwerkstätte der Schweizerischen Centralbahn in Olten. 1863 liess er sein Zahnradbahnsystem in Frankreich patentieren: In der Mitte des Normalspurgleises befindet sich eine Zahnstange, in welche die Zahnräder der Lokomotive von oben her eingreifen. Dieses System bildete die Grundlage für die Verwirklichung des Rigibahnprojekts. Vitznau wurde als Ausgangspunkt der Bahn gewählt, da das Gebiet des Vierwaldstättersees das am häufigsten besuchte Touristenziel war, die Lage am Südhang der Rigi ein mildes Klima und eine schöne Aussicht auf See und Berge gewährte und günstigen Bauverhältnisse bestanden: Harte Nagelfluhschichtungen, die in regelmässiger Neigung von durchschnittlich 20 % auf Vitznau zulaufen, garantierten eine sichere Bahnführung.

1869 Am 9. Juni erteilte der Grosse Rat des Kantons Luzern (später auch der National- und Ständerat) den Ingenieuren Riggenbach, Naeff und Zschokke die Konzession für den Bau und Betrieb einer Bahn von Vitznau bis an die Kantonsgrenze gegen Rigi-Staffel. Die Konzession galt für 99 Jahre (mit Erneuerungsmöglichkeit). Sie verpflichtete dazu, während der Saison täglich mind. einen Zug in jede Richtung zu führen und beim Felsentor die Haltestelle Romiti für die Gemeinde Weggis zu errichten. Der Pächter auf der Endstation Staffelhöhe hatte 12 Pferde zu halten, um die Gäste nach Kulm zu befördern. In den Konzessionsakten wurden auch die Preise festgesetzt: Bergfahrt bis Kaltbad: Fr. 5.00, Talfahrt Fr. 2.50.
Die „Erste allgemeine Sitzung der Gründer der Rigibahngesellschaft“ tagte im August in Olten. Sie setzte das Aktienkapital auf 1,25 Mio. Franken fest, das schon am Ausgabetag weit überzeichnet wurde. Nach dem Bauvertrag vom 11. September begannen die Landankäufe sowie die Bauarbeiten mit ca. 600 Mann, die z.T. nachts und an Sonntagen arbeiteten. Der Landungssteg der Schiffe wurde von der Pension Pfyffer zur Bahnstation verlegt.
1870 Der deutsch-französische Krieg brachte Verzögerungen: 5’000 Meter Schienen und Wagenmaterial blieben in Paris blockiert.
1871 Am 21. Mai, Riggenbachs Geburstag, fand die feierliche Eröffnung der Rigibahn statt. 70 geladene Gäste waren anwesend, darunter vier Bundesräte und die Luzerner Regierung. Riggenbach selbst führte die Maschine des Festzugs. Die ältesten drei Maschinen trugen die Namen „Basel“, „Bern“ und „Luzern“ womit man diesen Orten für die Unterstützung des Unternehmens dankte. Die Kosten für den Bahnbau einschliesslich aller Bauten betrugen 1,3 Mio. Franken.
1873 Bildung der „Internationalen Gesellschaft für Bergbahnen“ mit einem Aktienkapital von 25 Mio. Franken, den Direktoren Riggenbach und Zschokke und Sitz in Aarau. Sie baute später die Arth-Rigi-Bahn und die Rigi-Kaltbad-Scheidegg-Bahn.
Am 3. Juli konnte die Vitznau-Rigi-Bahn den Betrieb auf der gepachteten Strecke bis nach Kulm aufnehmen, musste aber 50 % der Bruttoeinnahmen auf dieser Strecke als Pachtgebühr abgeben.
1875 Die Rigibahn florierte von Anfang an. Es wurden mehr als 107'000 Fahrgäste transportiert, die Zahl der Angestellten stieg von 48 Personen im Jahr 1871 auf 111 Personen im Jahr 1875. Doch bald gab es Konkurrenz von der anderen Rigiseite her: Die Arth-Rigi-Bahn eröffnete am 4. Juni ihren Betrieb.
1882 - 1892 Umbau der Dampfloks: Die stehenden Kessel werden durch liegende ersetzt, um eine bessere Lastenverteilung und einen ruhigeren Gang der Loks zu erreichen.
1937 Am 3. Oktober wurde die Anlage elektrifiziert. Dafür baute die Bahn drei Gleichrichterstationen: Romiti (1937), Vitznau (1955) und Staffelhöhe (1968).
1957/58 Bau der neuen Schnurtobelbrücke: Die 80 m lange Brücke aus Vorspannbeton ruht auf einem Pfeiler und ersetzt die alte Eisenbrücke.
1967 Beim Bau des neuen Stationsgebäudes in Vitznau verschwand der Niveauübergang über die Kantonsstrasse.
1968 Die Rigibahnen erhielten Konkurrenz durch die Luftseilbahn Weggis-Rigi-Kaltbad, an der die Rigibahn-Gesellschaft finanziell beteiligt ist.
1987 - 1991 Neubau des Rigi-Bahn-Depots in zwei Etappe und Einweihung.
1992 Fusion der Vitznau-Rigi-Bahn (mit Luftseilbahn Weggis-Rigi Kaltbad) und der Arth-Rigi-Bahn zur Rigi-Bahnen AG mit Sitz in Goldau.
1996 Anlässlich der 125-Jahr-Feier Fahrten mit der Lok 7 (1873).
1999 Die Rigi-Bahnen erfinden eine neue Zahnstangenweiche. Das Patent wird weltweit angemeldet. Der Prototyp ist auf der Haltestelle Rigi-First (Strecke Goldau – Rigi) eingebaut.
2009 Die historische Dampflok No. 7 (Baujahr 1873) fährt bis Ende September zum 50-Jahr-Jubiläum des Verkehrshauses der Schweiz auf ihrer einstigen Rigi-Stammstrecke.
2010 Seit dem Fahrplanwechsel im Dezember anerkennen die RIGI BAHNEN AG auf ihren Strecken das schweizerische Generalabonnement (GA) und dessen Zusatzangebote Swisspass, Tageskarten etc.
2012 1. Juli: Eröffnung des Mineralbad & Spa auf Rigi Kaltbad. Star-Architekt Mario Botta hat der Anlage ihren unverkennbaren Stil und Charakter verliehen.
2014 12. Mai: Spatenstich des neuen Stationsgebäudes auf Rigi Kaltbad.

 

Hotellerie

Vor dem Bau der Rigibahn gab es nur zwei Hotels in Vitznau: das Gasthaus „Zum weissen Kreuz“ und die „Pension Pfyffer“. Das Gasthaus wurde 1685 erstellt, war ca. 300 Jahre im Besitz der Familie Zimmermann, die es 1982 verkaufte. 1988 wurde der Betrieb eingestellt, das Gebäude diente einige Zeit als Unterkunft für AsylbewerberInnen. 2000 wurde es abgebrochen und durch Wohn- und Bürogebäude ersetzt. Die Pension Pfyffer wurde 1867 eröffnet, 1892 von Josef A. Bon-Nigg übernommen und zu „Hotel & Pension du Parc“ umbenannt. 1901 – 1903 entstand das Park Hotel, später eine Strandbadanlage, Tennisplätze und ein Schwimmbad. Die ehem. Pension (Dépendance) wurde 1947 umgebaut, 1985 – nach dem Erwerb durch das Ehepaar Oetker – abgebrochen und durch einen Neubau ersetzt. Das Park-Hotel wurde 1987 – 1989 renoviert, durch ein Personalhaus ergänzt und 1992 erweitert. Die Pühringer-Gruppe, die das Hotel 2009 übernommen hat, führte einen umfangreichen Umbau durch, seit dann wird es als ganzjähriges Luxus-Suitenhotel betrieben. Ergänzt wird der Betrieb durch das Hotel Schiff (früher: Bellevue).
Durch den Bau der Rigibahn und den Aufschwung des Tourismus in Vitznau stieg die Anzahl Hotels und damit der Beschäftigungsmöglichkeiten für die Bevölkerung. Damals entstanden die Hotels Rigi (1872) und Rigibahn (1873, später: Terminus, heute: Hobby Hotel Terrasse), die „Erholungsstation Schweizerischer Eisenbahner“ auf Gruebisbalm (1899-1971, heute: Ökohotel Gruebisbalm) und das Jugendstilhotel Vitznauerhof (1901, 1997 Sanierung zusammen mit Alpenrose, 2002 Umbenennung in Hotels ArabellaSheraton Vitznauerhof und Seehuus, 2010 Neueröffnung). So gab es 1913 zwei Dutzend Hotel- und Wirtschaftspatente.
Durch das Ausbleiben ausländischer Gäste während des Ersten Weltkriegs musste die Hotellerie Einbussen hinnehmen: Pensionen gingen ein, in Hotels wurden internierte deutsche Soldaten untergebracht, die Spielzeuge und Kleingegenstände herstellten. 1939 brannte das Hotel Wissifluh. 1941 eröffnete der Schweizerische Metall- und Uhrenarbeiter-Verband ihr Ferienheim (heute: Hotel FloraAlpina). Auch der Zweite Weltkrieg führte zu einer geringen Auslastung der Hotels, doch die Erholungsurlaube der GIs ab 1945 trugen zum Aufschwung des Tourismus bei.
Die Hotellandschaft veränderte sich weiter, wie sich am Beispiel der ehem. Pension Handschin zeigen lässt: Dort, wo sich diese Pension befand, wurde 1979 das Apparthotel Flora neu gebaut. Nach Besitzerwechsel (mit Umbenennung in Vierwaldstättersee, dann Kingbow) befand sich von Juli 2003 bis Juni 2012 in diesem Gebäude und dem ehem. Hotel Waldheim die Hotelfachschule DCT. Das Angebot der Hotels an Verpflegung und Unterkunft wird ergänzt durch Restaurants im Dorf und auf dem Berg, ein Café, Privatzimmer, Ferienwohnungen, Schlaf im Stroh und einen Campingplatz.

 

Der Kurverein

1888 Im Zusammenhang mit dem Aufschwung der Rigibahn entstand am 23. Dezember in Vitznau einer der ersten Kurvereine der Schweiz. Sein Zweck bestand in der Verschönerung des Ortes und der Tourismusförderung. Im ersten Vorstand walteten Pfarrer Meyer, Rigibahndirektor Segesser und weitere Bahnangestellte. Viele der damals 27 Mitglieder stammten aus dem Männerchor.
1889ff. Zwei Petrollampen dienten als erste Strassenbeleuchtung; es folgten Schattenbäume, Ruhebänke und weitere Laternen.
1891ff. Organisation der Kehrichtabfuhr: Die erste Kehrichtablagerungsstelle war beim Maschinenhaus der Rigibahn.
1894 Die Hoteliers leisteten erstmals einen Beitrag von Fr. 1.- pro Bett an den Kurverein. Das erste Seenachtsfest fand statt.
1896 Broschüre „Führer über Vitznau“.
1897 Elektrische Strassenbeleuchtung.
1902 Zur Staubbekämpfung aufgrund des zunehmenden Autoverkehrs wurde ein Spritzenwagen angeschafft.
1904/07 Erlass eines Autofahrverbots, ab 1922 sonntags generelles Autofahrverbot.
1909 Erste Seerundfahrten.
1914 Die Kurtaxe von Fr. –.20 pro Logiernacht wurde eingeführt.
1917 - 1920 Gründung der Kurplatz AG, Eröffnung des Kurplatzes auf dem Areal der abgebrannten Sägerei, Bau eines Musikpavillons.
1927 Strandbaderöffnung.
1930 Eröffnung des Verkehrsbüros an der Bahnhofstrasse.
1956 Eröffnung eines neuen, modernen Strandbades in Form eines Rundbaus.
1963/64 Umgestaltung des Kurplatzes mit neuem Musikpavillon.
1978 Sonntagskonzerte anstatt Kurorchester.
1987/88 Schliessung und Abbruch des Strandbads wegen Felssturzgefahr und Bau eines Schutzdammes.
1990er Einbruch der Logiernächte auf 70'000 (zuvor 100'000).
2001 Vertrag der Gemeinde mit der Kurplatz-Stiftung betr. Unterhalt Kurplatz.
2003 Zusammenschluss der Tourismusorganisationen von Vitznau, Weggis und Rigi Kaltbad unter dem Label „The Best of Lake Lucerne“.
2010 Fusion von Weggis, Vitznau, Rigi Tourismus mit Luzern Tourismus.
Kurparkprojekt: Realisation der Umgestaltung und Neubau Pavillon.

 

Illustre Gäste

In den Gästebüchern der Vitznauer Hotels finden sich berühmte und bekannte Namen aus verschiedenen Bereichen:

Literatur Johann Wolfgang von Goethe
Hermann Hesse
Psychologie Carl Gustav Jung
Philosophie Arthur Schopenhauer
Musik Béla Bartok
Aleksander Skrjabin
Richard Strauss
Adel König Ludwig II. von Bayern
Konstantin von Griechenland
Königin Victoria von England
Königin Wilhelmine der Niederlande
Könige von Rumänien und Mexiko
Ferdinand Graf von Zeppelin
Politik Bundesräte
Henri Guisan
Indira Gandhi
Gustav Stresemann
Sport Ferdy Kübler
Bernhard Russi